Filme, Games, Prototypen in der Industrie – 3D ist nach wie vor unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Aber wie sieht es in der Schule aus? Spielt 3D dort überhaupt eine Rolle?
Während in Großbritannien und den USA darüber diskutiert oder sogar konkret geplant wird, dass die Schulen mit den Möglichkeiten der 3D-Technik ausgestattet werden, ist es in Deutschland nicht ganz so einheitlich um das Thema bestellt. Das liegt zum einen daran, dass Schulen Ländersache sind und die Länder bzw. ggf. auch die Kommunen die Dinge an den Schulen selber regeln. Zum anderen verwehren die meist noch hohen Anschaffungskosten, die derzeit noch mit 3D verbunden sind, den unbeschwerten Einsatz an allen Bildungseinrichtungen. Doch es tut sich auch in Deutschland was. Hier ein paar Beispiele:
Einer, der seit 2010 an seiner Realschule bereits 3D einsetzt, ist Günter Glatter, Deutsch- und Gesellschaftskundelehrer sowie Multimedia- und Netzwerkberater an der Realschule Güglingen in Baden-Württemberg. Darüber hinaus bietet er Schulungen zum Thema für Lehrer an und hat auf der weltgrößten Spielemesse Gamescom im August 2013 in Köln auf sieben Workshops 3D-Modelling und 3D-Druck demonstriert. „Das Thema ist in hohem Maße geeignet für entwickelndes Arbeiten in Gruppen und zum Training praktischer Kreativität und Problemlösungsfähigkeit. Der eigentliche 3D-Druck ist dann das Sahnehäubchen, weil ich meine Überlegungen und Konstruktionen auch in den Händen halten und praktisch ausprobieren kann“, sagt er.
3D ist auch für die jüngeren Schüler geeignet
Zunächst war 3D nur Thema in den höheren Klassen (7-9) der Realschule – wenn Glatter mal im Technikunterricht Vertretung machte – und in der Technik-AG. Mit Einführung der Nachmittagsbetreuung waren dann plötzlich auch die fünften und sechsten Klassen involviert. „Es ist verblüffend: Die Jüngeren haben die besten und verrücktesten Ideen“, revidiert der Lehrer seine Vorbehalte. Glatter macht anderen Schulen Mut: „Die Planung und Entwicklung von 3D-Objekten auf für allgemeinbildende Schulen geeignetem Niveau ist mit kostenlosen Programmen möglich. Unterrichtsversuche, beispielsweise mit dem 3D-Modelling-Programm SketchUp, haben schon in den ersten Übungsstunden erstaunliche Ergebnisse gebracht – selbst in unteren Klassenstufen. Durch Open-Source-Projekte sind einfache Filamentdrucker für Schulen erschwinglich geworden: Die Anschaffungskosten für solche 3D-Drucker liegen zwischen rund 600 € für einen preiswerten, aber zeitaufwendigen Bausatz und 2000 € – 4000 € für fertig montierte 3D-Drucker.“
Es gibt weitere Schulen, die 3D und vor allem 3D-Drucker bereits einsetzen. Oft handelt es sich dabei um Berufsbildungseinrichtungen. Wie die Heinrich-Kleyer-Schule in Frankfurt am Main, eine der modernsten Berufsschulen Europas mit den Schwerpunkten Metalltechnik, Mechatronik, Fahrzeugtechnik und Augenoptik und rund 2500 Schülerinnen und Schülern. Ihnen steht ein professioneller 3D-Drucker zur Verfügung, mit dem sie dreidimensionale Funktionsmodelle für den Unterricht herstellen.
Nicht nur um den 3D-Druck geht es an den Semper-Schulen in Dresden und Berlin, die als private Bildungseinrichtungen seit der Abschaffung der staatlich geförderten Ausbildungsgänge zum „Gestaltungstechnischen Assistenten Fachrichtung Grafik oder Medien/Kommunikation“ einen vollkommen privat finanzierten Ausbildungsgang zum Grafik- und Mediendesigner anbieten.
„3D hat bei uns bereits eine Tradition, da in der alten Ausbildung ein Fach namens Computeranimation im zweiten Lehrjahr als Prüfungsfach vorgeschrieben war“, erzählt Ulf Feuchtenberger, Fachbereichsleiter Gestaltung. „Wir bieten jedoch seit vier Jahren 3D als zusätzliches Angebot für die Schüler des ersten Lehrjahres, unabhängig von der Ausbildungsrichtung – Grafik oder Medien – an.“
3D wird weiter an Bedeutung gewinnen
Nach Feuchtenbergers Erfahrung benötigt man mindestens zwei Jahre, um wesentliche Grundlagen im Bereich 3D halbwegs praxisrelevant zu vermitteln. „Wir sind davon überzeugt, dass 3D in den nächsten Jahren weiter für uns an Bedeutung gewinnen wird, da immer mehr Bewerber sich für eine Tätigkeit im Game-Design interessieren. Hierbei vermitteln wir unseren Schülern neben 3D Grundlagen auch künstlerische und zeichnerische Grundlagen, um so deren Chance auf entsprechende Jobs zu verbessern.“
Auch hier öffnet man sich den allgemeinbildenden Schulen: Die Semper-Schulen bieten seit diesem Jahr 3D-Ferienkurse für Schüler ab der 8. Klasse an – mit großer Resonanz. Ein spannendes Projekt, das sich intensiv mit dem dreidimensionalen Drucken im Bildungskontext beschäftigt, ist der FabLab München e.V. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verein ermöglicht es Schülern und Lehrern, im Rahmen von Workshops in die Thematik einzusteigen.
Die Emil-von-Behring-Schule in Marburg bietet ihren Schülern als Wahlfach einen Kurs in 3D-Druck und 16 Siebtklässlern des Kepler-Gymnasiums Ulm haben im Rahmen des von der IHK Ulm finanzierten Projekts „create ulm“ Gebäude ihrer Stadt mit Hilfe eines CAD-Programms nachmodelliert. Die Schülerinnen und Schüler lernten gleichzeitig die Möglichkeiten des 3D-Drucks kennen und stellten ihre Ergebnisse auf Google Earth ein. Ziel des Bildungsprojekts war es, bei den Schülerinnen und Schülern frühzeitig die Faszination für das Erschaffen und Gestalten von Objekten im virtuellen Raum zu wecken. Durch die Anwendung eines CAD (computer-aided design) Programms wird das dreidimensionale Denken geschult. Das Nachmodellieren von Ulmer Gebäuden, wie zum Beispiel dem Stadthaus, dem Schulgebäude des Kepler-Gymnasiums oder dem Rathaus, ermöglicht eine intensive Beschäftigung der Teilnehmenden mit der Architektur.
Mehr Möglichkeiten des interdisziplinären Lernens
Mit wem man in der Schullandschaft auch spricht: Alle sind sich einig, dass 3D in der Schule neue Möglichkeiten des interdisziplinären Lernens eröffnet, Kreativität und Lernwillen bei den Schülern fördert. Das bestätigt auch eine Studie aus dem Jahr 2011, die in sieben europäischen Ländern untersuchte, wie sich der Einsatz von 3D-Projektionen von herkömmlichen 2D-Unterrichtsmethoden in Bezug auf Verständnis, gelerntes Wissen und Verhalten während des Unterrichts unterscheidet. Das Fazit ist positiv. „Die Verwendung von 3D-Projektionen bereichert die Vielfalt möglicher Veranschaulichungsformen und ist als solche zu befürworten. Die interaktive Darstellung der Inhalte ist im Gegensatz zu einem statischen Modell für viele Schüler verständnisfördernd. Das neue Medium unterstützt die Lernmotivation der Schüler, die durch die verwendeten Brillen äußerst fokussiert die Präsentationen verfolgten. Es wäre wünschenswert insbesondere bei Inhalten, die anderweitig schwer zu veranschaulichen sind, diese Technologie verwenden zu können“, sagt Dr. Michael Kirch, Akademischer Rat der Ludwig-Maximilians-Universität, der die Studie in Deutschland begleitet hat.