Gebäudeplanung: Energieeffizienz berechnen mit dem Design Performance Viewer (DPV)

Gebauedeplanung DPV, image by ethlife

Schon während der ersten zwanzig Prozent Planungsarbeit trifft der Architekt achtzig Prozent der wichtigsten Entscheidungen, was die Energieeffizienz eines Gebäudes betrifft. Schweizer Forscher haben nun ein Computer-Programm entwickelt, das Energiekennzahlen in wenigen Sekunden berechnen und visualisieren kann. Die Ergebnisse können intuitiv interpretiert werden. So kann der spätere Energiebedarf eines Gebäudes schon in der Konzeptphase laufend richtig eingeschätzt werden.



Arno Schlüter, Doktorand und Assistent, und Frank Thesseling, Assistent am Lehrstuhl für Gebäudetechnik am Departement Architektur, haben den Design Performance Viewer (DPV) entwickelt, um Architekten ein Werkzeug an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe von Anfang an Energiebedarf und Energieverlust des Gebäudes mit wenig Aufwand integriert werden können. Mit wenigen Mausklicks werden die Energiekennzahlen als Spinnen- oder Mengenflussdiagramme dargestellt. Für die Interpretation der Ergebnisse ist kein Expertenwissen erforderlich.

Arno Schlüter erläutert: „Wenn der Architekt die Fenster vergrößert, die Gebäudeform leicht verändert und womöglich noch einen anderen Wandtyp wählt, kann er nicht mehr im Kopf überschlagen, was das energetisch bedeutet“ Die Abhängigkeit der verschiedenen Faktoren ist kompliziert. Oft werden Mängel erst sehr spät entdeckt, wenn das Gebäude am Ende der Planungsphase präzise berechnet wird. Das soll sich nun ändern.

Der Architekt sieht sofort, welchen Einfluss bauliche Änderungen bewirken. Ob eine Backsteinwand durch eine gedämmte Holzkonstruktion ersetzt wird, ob eine Fensterfläche zur Südseite vergrößert wird, oder die erst vorgesehenen Radiatoren durch eine Fußbodenheizung ersetzt werden:  die Energiekennzahlen ändern sich mit.  Da das Programm direkt in der Planungssoftware mitläuft, müssen Daten nicht umständlich exportiert werden.

Die Software will und kann nicht den Ingenieur ersetzen, der die Gebäude nach der Planung exakt durchrechnet. Es geht vielmehr darum, in jeder Planungsphase das Energieverhalten grob überprüfen zu können und intuitiv verschiedene Varianten auszuprobieren. So erhält der Architekt eine schnelle, direkt in den Planungsprozess integrierte Analyse.

Der Design Performance Viewer ist Bestandteil eines Konzepts Prof. Hansjürg Leibundgut, Professor am Institut für Hochbautechnik. Das Konzept mit Namen viaGialla hat zum Ziel, den heutigen CO2-Ausstoß in der Schweiz von fünf Tonnen auf eine Tonne jährlich pro Person zu senken. Das wäre nur möglich, wenn alle Schweizer Gebäude ohne CO2-Ausstoß betrieben werden können. Erneuerbare Energien wie beim Einsatz von Wärmepumpen, Wind- und Sonnenenergie sollen künftig fossile Brennstoffe ersetzen. Ziel des Projekts ist es auch, dafür Sorge zu tragen, dass die Gebäude wenig Wärme verlieren.

Zentral für das Programm viaGialla sind die Begriffe Anergie und Exergie. Anergie bezeichnet in diesem Zusammenhang die Wärme aus Boden, Luft oder Wasser, die im Gegensatz zu den fossilen Brennstoffen unbegrenzt zur Verfügung steht. Exergie bezeichnet den Teil von Energie, der sich in nützliche Arbeit umsetzen lässt, wie etwa der erzeugte Strom, der dann wiederum eine Wärmepumpe betreibt.

Ein Hindernis ist noch zu bewältigen, damit der Design Performance Viewer weiträumig eingesetzt werden kann: in der Schweiz arbeiten viele Architketurbüros heute noch mit CAD-Systemen, die zweidimensionale Pläne erstellen. Nur wenige große Büros nutzen 3D-Gebäudeinformationsmodelle, die die zweidimensionalen Zeichnungen ersetzen. Im Gegensatz zur USA und den skandinavischen Ländern ist die Schweiz technisch noch nicht so fortgeschritten in der Visualisierung von Kontruktionsplanungen.

Beim digitalen Gebäudemodell muss das Gebäude von Anfang an präzise definiert werden. Es reicht nicht, eine Wand als Strich zu definieren – Material und Dicke müssen bestimmt werden. Dank der genauen Daten kann etwa berechnet werden, wie hoch der Heizwärmebedarf bei einer bestimmten Außentemperatur sein wird – oder wie hoch die Gewinne durch direkte Sonneneinstrahlungen sein werden. Der Bauherr kann als Laie ein dreidimensional dargestelltes Gebäude leichter begreifen und nachvollziehen.

Bisher basierten die Berechnungen noch auf vereinfachten Modellen, doch zurzeit wird die erste professionelle Version der Software konzipiert und getestet. In den nächsten 18 Monaten soll außerdem ein adaptives Kostenmodell integriert und die Informationen noch klarer visualisiert werden.

Ein Forschungsauftrag vom Bundesamt für Energie ist bewilligt, um das Tool zusammen mit dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und der EMPA weiterzuentwickeln. Die marktfähige Version des Programms soll letztendlich einige hundert Franken kosten.

Links

Quelle: ETH-Life:
http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/090224_energieeffizenz_planen_asch/index

Design Performance Viewer:
http://www.gt.arch.ethz.ch/research/DPV

viaGialla:
http://www.viagialla.ch/

Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA):
http://www.sia.ch/d/index.cfm

EMPA:
http://www.empa.ch/