3D-Visualisierung des mittelalterlichen Solothurn auf Google Earth: ein “historischer Stadtrundgang”

Das Historische Solothurn auf Google Earth, movie by videoportal

Die Fachhochschule Nordwestschweiz hat in einem Projekt ein Modell der Solothurner Altstadt von 1830 digitalisiert. Das kleine Städtchen an der Aare kann nun in Vogelperspektive überflogen werden. Das Resultat des digitalisierten Films ist so realistisch und detailgetreu, dass die Animation von Google Earth übernommen wird – drei Monate nach der Visualisierung des antiken Roms.



Der Fachhochschule Nordwestschweiz stand ein genaues Kartenmodell aus dem Jahr 1920 zur Verfügung, dass die Stadt Solothurn um 1830 im Maßstab 1:500 zeigt. Stephan Nebiker, Professor für Vermessung und Geoinformation, verwandelte gemeinsam mit der Geomatik-Abschlussklasse das Modell in eine comichafte Welt. Das Modell wurde genau vermessen und digital aufbereitet.

Mit einem handgeführten Laserstrahl ertasteten die Studenten das Modell millimetergenau. Dafür wurde eine Methode aus der Industriemesstechnik erstmals zu diesem Zweck angewandt. Zusätzliche Fotografien von Schräg- und Senkrechtansichten sorgten für ausreichendes Material, um aus rund 80 Millionen Laserscanning-Punkten eine Stadtansicht zu realisieren, die eine geometrische Genauigkeit von 0,05 Millimeter aufweist.

Das Filmresultat ist so realistisch, wie man es eigentlich nur von Computerspielen kennt. Jürgen Hofer, Direktor von Region Solothurn Tourismus erläutert begeistert: „Das Projekt bietet Anschaulichkeit und Emotion. Man hat das Gefühl, in die Stadt eintauchen zu können.“
Erich Weber, Konservator am Museum Blumenstein, sieht vor allem die wissenschaftliche Relevanz des Projekts für die Geschichtsforschung: „In Solothurn haben wir das Glück, dass uns reiche Daten aus dem 19. Jahrhundert vorliegen: Erfassungsbögen aus Volkszählungen mit detaillierten Angaben zur Bevölkerung.“

Er will die Veränderungen der Sozialtopographie sichtbar machen, indem die vorliegenden Daten in das digitale Modell eingearbeitet werden. So können Fragen beantwortet werden wie: Wo lebten die Reichen? Welche Gewerbe siedelten sich wo an? Wo lag das Bordell? Nicht nur Historiker, auch Museumsbesucher würden sich für diese lebendige Anschauung interessieren.

Professor Stephan Nebiker sieht noch weitere Anwendungsmöglichkeiten im Bildungsbereich, zum Beispiel im Fach Heimatkunde. Außerdem will er einen Schieberegler integrieren, der dem Betrachter erlaubt, durch die Jahrhunderte zu scrollen. Doch erst einmal ist er stolz darauf, dass sein Projekt in Google Earth aufgenommen wird und damit das internationale Niveau der 3-D-Rekonstruktion beweist.
Quelle: baz-online