3D-Drucker sind erst der Anfang!

Der Stein für die nächste industrielle Revolution wurde bereits ins Rollen gebracht, davon ist der Professor Gershenfeld fest überzeugt. Er ist einer der Pioniere der digitalen Fertigung und Leiter des „Center for Bits and Atoms“ am renommierten Bostoner MIT (Massachusetts Institute of Technology). Die Folgen sind bereits jetzt absehbar und im folgenden Interview zwischen Olivier Guez und dem Herrn Professor Gershenfeld erläutert. Ich fasse die Fakten für euch kurz zusammen.

Was ist die „digital fabrication“, sprich „digitale Fertigung“?
Der 3D-Drucker ist nur ein Werkzeug in der digitalen Fertigung, aber die digitale Fertigung ist hauptsächlich das, was man als die Umwandlung von Dingen in Dingen und Dingen in Daten versteht. Jeder kann von überall zu jeder erdenklichen Zeit Objekte herstellen. Die Stunde der 3D-Drucker hat geschlagen. Aus einer CAD-Datei wird ein reales Objekt erzeugt, Schicht für Schicht entsteht das gewünschte Objekt.

Allerdings geht die digitale Fertigung weiter als der 3D-Druck. Denn dabei wird die Materie digitalisiert und intelligent gemacht. Es erzeugt vollständige Funktionssysteme mit den dazugehörigen Sensoren oder Elektronik und das im selben Verfahren. Ein aus der digitalen Fertigung entstandenes Modell kann wieder in seine Ursprungsform zerlegt werden und als Material für ein neues Objekt verwendet werden.

In welchem Entwicklungsstadium befindet sich die digitale Fertigung?
Die digitale Fertigung steht kurz vor dem Umschwung. Die Werkzeuge stehen uns jetzt schon zur Verfügung, ihre Funktionen entwickeln sich und die Anwendungen machen Fortschritte. Das alles müsste sich noch zu einem Apparat verbinden. Drucker, wie der Reprap oder MakerBot, sind tragbare 3D-Drucker, allerdings noch keine PC’s.

Sind wir noch weit davon entfernt?
In zwanzig Jahren ist es soweit. Die 3D-Drucker verbreiten sich im Moment in aller Welt, die 3D-Drucker sind heute für alle zugänglich. Es gibt mittlerweile 150 FabLab’s. Das sind Werkstätte mit computergesteuerten Werkzeugmaschinen für Künstler, Designer sowie Informatiker. Sie haben sich zu einem weltweiten Netzwerk geschlossen. Sie tauschen Daten untereinander aus und produzieren an Ort und Stelle. Man muss sich das so vorstellen wie eine Genossenschaft, nur als eine High-Tech-Versuchsplattform, die den Zugang zu modernen Produktionsmitteln demokratisiert.

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Wie kann man die illegale Reproduktion verhindern und Designdateien schützen?
Diesen Markt kann man mit dem Film- und Musikmarkt vergleichen. Die Branche änderte ja auch irgendwann ihre Politik und erleichterte den Erwerb von Musik und Filmen nach Art von iTunes. Das wird in Zukunft auch mit den Designdaten passieren.

Welches Interesse haben die Menschen, ihre Gegenstände selbst zu „drucken“?
Die Mensche wollen Produkte, die ihren persönlichen Bedürfnissen entsprechen. Wir haben mit dem 3D-Druck die Möglichkeit, Maßanfertigungen vorzunehmen. Und das lostet im Grunde nichts, das Objekt im Handel schon. Nehmen wir uns als Beispiel den IKEA-Tisch: Er ist für alle käuflich und für Millionen von Käufern entworfen. Es ist ein Massenprodukt, deshalb auch nicht so teuer. Die digitale Anfertigung zeigt uns ganz neue Alternativen auf, denn statt nun einen Tisch zu kaufen, kann man es sich selbst drucken, bevor man die Farbe und das Design bestimmt hat.

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Von welchen Preisen sprechen wir da?
Noch ist ein 3D-Drucker nicht für alle erschwinglich, doch das wird sich ändern. Aber eine Datei ist nicht teuer und wenn man die Datei erstmal hat, geht man in einen FabLab oder in eine andere Gemeinschaftseinrichtung und lässt es sich ausdrucken und zusammenbauen. Das Gute ist, dass der Tisch mit den vorhandenen Rohstoffen gedruckt wird, nicht Tausende Kilometer entfernt und schon gar nicht unter schlechten Arbeitsbedingungen. In der Umgebung von Boston gibt es bereits fünf solcher Holzhandlungen, in denen man sein Holz auswählt und den Rest wird von einem 3D-Drucker erledigt.

Workshops, die Teilnehmern zeigen, wie man die neuen Softwares nutzt und was alles damit möglich ist:

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Das ist ja eine Revolution für den Welthandel!
Ja, aber da ist Vorsicht geboten, denn ein Objekt aus dem 3D-Drucker ist genau so teuer wie das hundertste. Da gibt es keine Einsparungen durch Stückzahlen. Grundprodukte zu drucken macht da nicht viel Sinn, Maßanfertigung dagegen schon. Ein Designer braucht da nur noch einen Computer. Herstellung, Vertrieb und Läden, das sind dann Vergangenheit für ihn. Gefällt das Modell einem Käufer, so lädt er sich die Datei zu einem bestimmten Preis runter und lässt es sich drucken.

Diese Realität hat Europa bereits erreicht, klassische Unternehmen machen sich nicht umsonst Sorgen. Die Regierung weiß nicht, ob sie diese neue Industrie fördern soll. Aber alle wissen, dass diese Industrie allen jungen Kreativen auf der ganzen Welt gewaltige Chancen bietet. Und sie nutzen es!

Das Gespräch führte Olivier Guez/ Aus dem Französischen übersetzt von Michael Bischoff.

Quelle: www.faz.net